Foto: © Zink et al. (Archivfoto)
Der Tiroler Eismann Ötzi ist die älteste Gletschermumie der Welt. Und der 40 bis 50 Jahre alte Mann, der vor 5300 Jahren durch einen Pfeil ums Leben kam, scheint zu einem Volk gehört zu haben, das über detaillierte medizinische Kenntnisse verfügte.
Wie Ötzi-Forscher Albert Zink vom Institut für Mumienforschung in Bozen und seine Kollegen im International Journal of Paleopathology berichten, haben sie bei Ötzi mehrere Heilpflanzen und Akupunkturen gefunden, die offenbar dazu dienten, seine zahlreichen Krankheiten und Gebrechen zu lindern.
"Wir glauben, dass Pflege und Behandlung bereits während der Zeit des Eismanns üblich waren", schreiben die Forscher in ihrer neuen Studie. Ötzi war offenbar Teil einer Gesellschaft, die wusste, wie Krankheiten entstehen und wie man sie behandelt.
Ötzi's Krankheiten und seine Mittelchen dagegen
Als Ötzi starb, war er alles andere als ein gesunder Mann. Er litt unter degenerativen Gelenk-Erkrankungen an Knie, Hüfte und Handgelenk, hatte Borreliose, Magen-Darm-Probleme und Arterienverkalkung. Doch der Mann aus dem Eis besaß auch Medikamente, um seine Leiden zu lindern - schmerzlinderne Heilpflanzen sowie Birkenporlingspilze und Adlerfarn gegen die Darmparasiten.
Dr. Albert Zink und sein Team haben außerdem festgestellt, dass sich Ötzis Tätowierungen genau über jenen Körperteilen befinden, die ihm Probleme bereiteten. Daher nehmen sie an, dass es sich nicht um Körperschmuck handelte, wie man bislang dachte, sondern um eine frühe Form von Akupunktur, die ebenfalls medizinische Gründe hatte.
Medizin "Learning by Doing"
All das zusammen lässt vermuten, dass der Gletschermann einer Kultur angehörte, die bereits über anatomisches und medizinisches Wissen verfügte. Schon damals gab es Heilmethoden, die man sich durch "Learning by Doing" angeeignet hatte und die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, so die Bozener Forscher.
Ob diese Naturheilmittel tatsächlich geholfen haben oder allenfalls einen Placebo-Effekt hatten, können Fink und Co. nicht sagen. Und gegen den todbringenden Pfeil, der Ötzi's Leben beendete, hätten sie sowieso nichts ausrichten können.
Der Fluch des Ötzi als Ironie des Schicksals
Die tiefgefrorenen Überreste von Ötzi wurden am 19. September 1991 in den Ötztaler Alpen gefunden. Seither wurde die Eismumie dutzende Male untersucht - mit immer neuen, überraschenden Ergebnissen. So fand man erst im Jahr 2001 heraus, dass in Ötzi's linkem Schulterblatt eine Pfeilspitze aus Feuerstein steckte, die ihn getötet hat.
Eismann Ötzi ist inzwischen Teil der modernen Popkultur geworden. Es soll sogar einen "Fluch des Ötzi" geben, denn sieben Menschen, die mit ihm Kontakt hatten, sind inzwischen verstorben. Darunter auch sein Entdecker Helmut Simon, ein Bergwanderer aus Nürnberg. Er stürzte im Oktober 2014 in eine Schlucht - nicht weit von dem Ort entfernt, an dem er Ötzi einst gefunden hatte. Sogar dem angesehenen Fachmagazin Nature war diese "Ironie des Schicksals" eine Meldung wert.